19.Mai 1997 An meine kleine Gia Wenn du diesen Brief liest, bedeutet das,
dass du jetzt eine
fast erwachsene, junge Frau bist und ich dich wohl nicht mehr 'meine Kleine' nennen sollte. Vielleicht hast du dich ja schon für einen Stamm entschieden, oder bist vielleicht sogar schon festes Mitglied, hoffentlich bei den Furien ;) Falls es dich interessiert... Ich bin
Kinfolk der Furien,
dein Pa ist Kinfolk der Fianna. Und deine Mutter gehört ebenfalls
zu den
schwarzen Furien in Griechenland. Medea, aber du kennst sie vermutlich
nur als
Tante Meg, wenn sich das nicht schon geändert hat. Und damit komm
ich zu dem,
was ich dir erzählen möchte: Später schloss ich mich den Furien um die Anführerin ‚Stolz der Mutter‘ an (ja, ich weiß, lustiger Name) und ging nach Tripolis. Ich verliebte mich, wurde schwanger, es war alles wunderschön. Doch mein Gefährte, ebenfalls Garou von den Schattenlords, starb im Kampf, als ich gerade im 7. Monat war. Schon die ganze Schwangerschaft lief nicht ganz rund, und der Schock war dann zuviel, ich verlor mein kleines Mädchen. Schlimmer noch, die Ärzte sagten mir, ich könne nie wieder schwanger werden, nie eigene Kinder bekommen. Und so fiel ich in tiefe Depressionen, versuchte mich umzubringen. Alles war hoffnungslos für mich. Die Furien schickten mich dann nach Amerika. Sie hatten erfahren, das dort in einem Kinderheim ein Mädchen gelandet war, dessen Eltern starben. Das Mädchen gehörte so wie wir zu den Garou, und ich sollte sie dort rausholen und zurück nach Griechenland bringen, wo man sich um sie kümmern würde. Also flog ich dort hin. Mein Kontaktmann war ein Kinfolk der Fianna, der mir half das ganze bürokratische und finanzielle zu regeln .. dein Pa. Naja, und was soll ich sagen, ich hab mich doch nochmal verliebt und er ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Diese Fianna sind schon liebenswerte Chaoten und Charmeure, aber wenn du einen Rat willst .. lass dich nicht mit ihnen ein, es sei denn du bist mit einem dicken Knüppel bewaffnet, um den Kerl täglich mindestens einmal zur Räson zu rufen. Die Septe erlaubte mir, hier zu bleiben, und so heirateten wir. Wir suchten einen Ort, der friedlich ist und wunderschön, und kauften ein großes, abgelegenes Grundstück, und bauten ein Haus. Die Septe hatte uns Startkapital gegeben, denn ich wollte mich hier weiter um unsere verlorene Kinder kümmern und sie aus Heimen und anderen Familien holen. Dafür brauchten wir viel Platz und Ruhe. Dein Pa war mit finanziellen Dingen sehr geschickt, und so konnte er das Kapital ordentlich vergrößern, und wir haben ein großes Haus gebaut, mit allem was für uns und die Kinder wichtig war. Und damit verbrachten wir die nächsten Jahre. Viele Kinder waren bei uns, manche nur Tage, andere auch mal Wochen oder Monate, und wir konnten dafür sorgen, dass sie dann zu Familien kamen, die ihnen mit ihren speziellen Talenten weiterhelfen konnten. Um die erste Wandlung so leicht wie möglich zu machen, du wirst wissen was ich meine. Eines Tages stand dann meine Halbschwester
vor der Tür.
Medea war viel jünger als ich, erst vor kurzen hatte sie das erste
mal
gewandelt und war nun in Amerika, eines der Kinder abholen. Und sie war
selbst
schwanger und darüber total verzweifelt. Versteh das nicht falsch,
sie freute
sich auf dich, aber sie war noch sehr jung mit 17 und hatte panische
Angst,
alles falsch zu machen, so ganz allein. Und sie musste ja auch
kämpfen und wollte für dich nur das allerbeste. Sie blieb
dann bei uns und ich half ihr durch die
Schwangerschaft, und die Geburt, und die ersten Monate. Du warst so ein
goldiges, kleines Mädchen, einfach perfekt und wunderschön.
Naja, okay, das
behaupten wohl alle Mütter von ihren Kindern. Und auch wenn du
nicht meine
Tochter warst, so hab ich dich von der ersten Sekunde an geliebt als
wärst du
meine eigene. Wir haben uns sogar um deinen Namen gestritten. Deine
Mutter
wollte dich Artemis nennen, nach der Göttin
des Mondes, Waldes und der Jagd, ich war für Gia, das griechische
Wort für
Gaia. Lustigerweise haben wir dich später dann nur noch Ciardha
genannt, die
Erfindung deines Pa’s, der immer so schmunzeln musste, wenn du ihn so
finster
schmollend angesehen hast, als wolltest du ihn fressen. Das konntest du
wirklich gut. Du konntest aber auch schallend lachen, das man es im
ganzen Haus
gehört hat. Bevorzugt dann, wenn du was angestellt hattest .. wie
zum Beispiel
dich und Goldy in eine Schlammpackung zu matschen um dann auf deinem
Teppich die
Fußabdrücke zu bewundern .. und nebenbei im ganzen Haus, auf
dem Boden an den Wänden... Die Monate
vergingen und du wurdest älter. Du warst schon immer sehr
neugierig und
wissbegierig, wolltest alles lernen, alles wissen. Und leider hat es
dich sehr
verwirrt, zwei Mütter zu haben. Medea war so oft es ging bei uns,
es sei denn
ein Auftrag rief sie fort. Sie wohnte in dem Zimmer neben dir, euer
eigener,
kleiner Bereich. Aber als sie merkte, dass du damit nicht klar kommst,
es nicht
verstehst, warum da zum einen deine Mutter war, und in der Zeit
dazwischen dann
ich deine Ma war, traf sie eine sehr schwere Entscheidung. Sie ging
fort
für längere Zeit, damit du sie vergessen solltest, und als
sie zurück kam, war
sie nur noch Tante Meg für dich. Wir haben dich dann adoptiert,
einfach nur
damit du rechtlich abgesichert bist, und wir keinen Streit mit den
Behörden
haben, wenn mal was ist. Aber du musst es
mir einfach glauben, sie hat dich unendlich geliebt! Bitte bitte glaube
mir
das. Wenn du dir Bilder aus der Zeit damals anschaust, wirst du sehen,
das sie
kaum noch lächelte und immer sehr ernst und verschlossen war, um
ihren Schmerz
zu verbergen. Oh gott, ich hoffe, du hast nicht die gleiche
Angewohnheit! Du
siehst ihr soo ähnlich. Ich glaub, ihr ähnelt euch
später mal sehr. Falls du
sie nie kennenlernst, wofür ich bete, das der Fall nicht eintritt,
dann schau
einfach in den Spiegel und lächel dich an ... es wird ihr
lächeln sein.
Außer den Kindern
haben wir auch öfter Garou als Besucher, wenn mal einer einen
Platz zum
unterkriechen braucht, oder zum erholen. Du wirst dich sicher noch
erinnern,
wenn auch nur schwach. Wichtig ist uns einfach nur, dass es dir gut
geht, und
wir wollen dir alles ermöglichen, was nur geht. Schule,
Universität .. wir
sind uns sicher, dass du mal Anwältin wirst oder so etwas in der
Richtung, so
gerne wie du quasselst und die Leute tot argumentierst. Da hat man kaum
eine
Chance gegen anzukommen. Vielleicht raubst du aber auch irgendeinem
Anführer
den letzten Nerv, der das Glück hatte, dich in seinem Rudel zu
haben .. du bist
Neumond, es liegt dir im Blut die Leute um dich herum in den Wahnsinn
zu reden.
Wer weiß, vielleicht arbeitest du aber auch in Onkel Jo’s
Kanzlei. John J. Canyon
III. Du hast ihn immer nur Jo genannt, aber du mochtest ihn ganz gern.
Eigentlich magst du fast jeden, der zu uns kommt. Ganz anders als in
der Schule, wo du immer nur Streit suschst. Da ist dir keine
Herausforderung zu dämlich, um nicht mitzumachen. Ob es nun darum
geht, die
Feuermelder zu testen, oder an der Fahnenstange hochzuklettern und sich
dabei in den
Seilen zu verheddern. Na das war ein Feuerwehreinsatz, du warst wie
eine kleine
Katze auf einem Baum und wolltest dir nicht helfen lassen. Erst als
dein Pa dir
drohte, den Fahnenmast umzusägen, hast du aufgegeben .. und den
Feuerwehrmann
verkratzt. Und ständig prügelst du dich mit Jungs, die leider
Gottes oft
genug den kürzeren ziehen. Ich weiß gar nicht, wie viele
Besuche bei der
Rektorin deiner Schule ich absolvieren musste, ich glaub ich hab da
meinen
eigenen Stuhl. So ein klein wenig
bist du schon stressig, aber trotzdem meine liebe Kleine. Ich glaub
nichts,
was du anstellst, wird daran je etwas ändern. Merk dir das, wir
lieben dich!
Ganz sicher, immer, egal wo du bist, oder wo wir sind. Auch über
den Tod
hinaus.
Es ist schon spät,
und mir fällt nichts mehr ein. Ich werde morgen weiter schreiben.
Jetzt kriegst
du noch einen GuteNachtkuss, und ich werfe wohl zum 1000. mal den Hund
aus
deinem Bett, den du immer rein lässt obwohl ich das nicht
möchte. MariTess -Ma |
(*) Tagebucheintrag 14.Mai 1997: Heute hab ich von einer Familie gehört, die bevorzugt schwer erziehbare Kinder nimmt und dann als Arbeitskräfte missbraucht irgendwo auf einer Farm. Sie adoptieren die Kinder wohl im Großraum New York und gleich nach der Adoption schaffen sie die Kinder in einen anderen Bundesstaat um die Verfolgung zu erschweren. Dort haben sie eine Farm oder Ranch oder sowas und lassen die Kinder die Arbeit machen. Meinem Informanten zu Folge leben die Kinder dort unter unwürdigsen Umständen, in dunklen Schuppen und Kellerräumen, bekommen nur minderwertige und unzureichende Kost und werden selten in der Schule gesehen. Es ist sogar die Rede von körperlicher Gewalt, Prügel und Hungerstrafen, und von sexuellem Missbrauch. Die Inforamtionen kommen wohl von einem schwangeren Mädchen, das abgeschoben wurde, nachdem die Abtreibung fehlschlug und der Zustand nicht mehr zu verbergen war. Ich mag garnicht dran denken wie es dort zugeht, da müssen doch alle Behörden blind und taub sein. Na, denen werd ich noch das Handwerk legen, und der Zicke vom Sozialamt auch, die da beide Augen zudrückt und die Hände dafür aufhält! Ich muss unbedingt mit Jo reden dewegen. Die räucher ich aus!!! Ich hoffe nur, as ich meine Kleine vor so einem Schicksal immer bewahren kann. ***** Tagebucheintrag vom 16.Mai 1997 Boah, ich schäume vor Wut! Hab diese Zicke mal wieder getroffen, die vom Jugendamt, die für Adoptionen zuständig ist. Es ging eigentlich um ein anderes Kind, aber da auch da was nicht ganz koscher lief, konnte ich mir nicht verkneiffen der Schachtel mal gehörig den Kopf zu waschen. Sobald ich Jo erreiche wird der Laden da abgebrannt! Und wenn ich selbst ein Streichholz dranhalten muss. Lieber an was schönes denken. Peter hat mich heute morgen überrascht und mir gesagt, das wir bald alle zusammen Urlaub machen in Griechenland. Ich freu mich auf die alte Heimat, ich will unbedingt Gia zeigen wo ich aufgewachsen bin. Das erinnert mich dran, das ich ihr einen Brief schreiben will, der alles erklärt. Falls mal irgendwas passiert, man weiß ja nie. In letzter Zeit hab ich so oft Alpträume gehabt, das macht mich ganz unruhig. Und wenn es wirklich so kommt, will ich das sie später wenigstens etwas von uns hat, Dinge weiß, die wir ihr jetzt noch nicht sagen können. Ich werd mich heute noch dransetzen .. ach nein, morgen, hab ja noch was vor heute. Oder eben so bald wie möglich. Ich hoffe wirklich, der Fall wird nie eintreten. |